Winter, Wolle, Wohlgefühl?!

Warum wir Wolle lieben dürfen

Im Winter wohlig in Wolle gehüllt… für einige ein Traum, für andere ein Graus. Nicht jede Wolle ist ein Wohlgefühl, auch nicht im kalten Herbst oder Winter! Wer schon einmal einen kratzigen Wollpullover getragen hat, weiß, dass es durchaus Unterschiede in der Qualität des Wollgarns gibt. Doch woher kommt gute Wolle, seit wann nutzt man sie und was genau ist Wolle eigentlich? Und warum ist sie im Herbst/Winter 2022 wieder ein unübertroffener Trend in Streetwear und Boutiquen? Strickcafés sind gefüllt und der Do it yourself-Boom findet ebenfalls viele begeisterte Anhänger. Es gibt genug Gründe, warum wir Wolle lieben dürfen.

Doch können wir diesem  Woll-Trend guten Gewissens folgen und dürfen wir Wolle lieben? Oder gibt es Gründe Wolle NICHT zu lieben? Wie weit kann die Liebe zur Wolle gehen? Die Geschichte und Herkunft der Wolle gibt uns Aufschluss über die große und lange Beliebtheit dieses Garnes.

Was ist Wolle und woher kommt sie?

Im Gegensatz zu pflanzlichen Fasern, wird Wolle aus dem Fell der Schafe gewonnen.

Auch Ziegen, Kamele und Alpakas geben den beliebten Rohstoff für feinste Wollgarne. In der Regel werden Schafe dafür ein- bis zweimal im Jahr geschoren. 

Den Vorgang, Schurwolle zu einem Faden zu spinnen, gibt es vermutlich schon über 5000 Jahre. Noch bis ins 19. Jahrhundert wurde Wollgarn mit Hilfe einer Handspindel gesponnen. Dann erfand man das Spinnrad in China. Dies erleichterte und beschleunigte die Garnherstellung enorm. 

China gehört auch heute noch zu den führenden Woll-Nationen der Welt, neben Neuseeland und Australien. 2,2 Mio Tonnen Wolle jährlich werden in über 100 Ländern weltweit produziert. Herkunft und Herstellungsart beeinflussen die Qualität und Nachhaltigkeit von Wolle stark.

Warum wir Wolle lieben dürfen

Wolle kommt zwar von Tieren, ist jedoch danke ihrer Langlebigkeit und Ökologie grundsätzlich nachhaltiger als synthetische Fasern. Natürlich gibt es viele verschiedene Arten von Wolle. Die genauen Unterschiede kennen wohl eher die LiebhaberInnen des Strickgarns. Die wohl berühmtesten und weichsten Wollarten sind wahrscheinlich Merino und Cashmere. 

Schafwolle

Das Merino-Schaf liefert besonders feine Wolle und eignet sich aufgrund seiner besonderen Feinheit und Weichheit als Sommer- und Winterwolle. Im Gegensatz zu herkömmlicher Schurwolle kratzt Merinowolle kaum und kann auch bei Unterwäsche verwendet werden. Ob es sich dabei immer um hochwertige, tierleidfreie Wolle handelt, ist nich einfach zu sagen. 

Warum wir Schafwolle nicht lieben

Besonders Merino-Schafe sollen oft vom sogenannten MULESING  betroffen sein – ein sehr grausames Verfahren zur Bekämpfung von Parasiten. Mittlerweile ist dies in Neuseeland schon verboten. Allerdings ist es bei den langen Transportwegen oft schwierig die Herkunft der Wollfaser herauszufinden. Hier mehr dazu. 

Ziegenwolle

Cashmere- oder Kaschmirwolle stammt vom Edelhaar der Kaschmirziege. Ihren Namen verdankt sie der Region Kaschmir im Himalaja, in der diese Ziegen beheimatet sind. Ziegenwolle wie Kaschmir oder Mohair sind ebenfalls berühmt für ihre Feinheit und Weichheit. Obwohl China mittlerweile der größte Cashmere Hersteller ist (dicht gefolgt von Neuseeland und Australien), stellt die Region Kaschmir immer noch eine wichtige Rolle in der Wollproduktion dar.

Warum wir Ziegenwolle nicht lieben:

Die Art und Weise, wie diese Wolle gewonnen wird. Die Massenproduktion von Kaschmir- und Mohair-Wolle ist keinesfalls ein Geschäft ohne Gräuel und Leid. Wer sich informieren über die Haltung und Ausbeutung der Tiere, wird auf einige ausführliche Beiträge stoßen. Nachhaltig und tierleidfrei geht anders. 

Kamelwolle als Alternative?

Kamelwolle erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Kameltiere wie die Alpakas zum Beispiel  liefern wundervolle Wolle. Sie hält vier mal wärmer als Schafwolle und ist somit die wärmste Wolle der Welt. Sie ist zudem wohlig weich, extrem strapazierfähig, allergiefrei und die einzige Wolle, die nicht fusselt. Alpakas liefern mehr Wolle als Ziegen beispielsweise. Die Alpaka-Haltung soll auch weitaus umweltfreundlicher und nachhaltiger sein. 

Fun Fact: Vikunja Wolle ist übrigens die feinste und seltenste Naturfaser der Welt. Die Wolle kommt ausschließlich von wildlebenden Vikunja-Kamelen, die sich in 5000m Höhe am wohlsten fühlen.  Diese Seltenheit lässt einen Vikunja Pullover oder Schal gern mehrere tausend Euro kosten.

Warum wir Kamelwolle nicht lieben

Auch hier ist besonders das Tierwohl wieder zu beachten. 90% der Alpakawolle stammt aus Peru. Die Tiere werden zwar in freier Natur gehalten, doch Standards zur tierfreundlichen Wollgewinnung gibt es weltweit nicht. Die Kameltiere haben kaum Kontakt zu Menschen. Daher haben sie Todesängste, wenn sie dann zum Scheren festgebunden werden.

Angorawolle

Diese Wolle stammt von kleinen Angorakaninchen und ist natürlich besonders flauschig. Angorawolle wird als Luxustextil gehandelt, ebenso wie Kaschmir und Mohair. Die Hauptproduktion findet in China statt, wo Tierquälerei nicht strafbar ist und Tierschutz ein Fremdwort ist. Diese kleinen Tiere werden überzüchtet und in winzigen Käfigen gehalten. Zudem werden ihnen die Haare meist brutal ausgerupft. Ob das eine flauschige Mütze wert ist, muss jede/r für sich selbst wissen.

Trotz all dieser negativen Aspekte hat Tierwolle als Material viele Vorteile –  auch gegenüber pflanzlichen Textilfasern. Vor dem Woll-Kauf empfiehlt sich allerdings in jedem Fall ein Etiketten-Check. Manche Hersteller kennzeichnen sehr wohl ihre Wolle, vor allem wenn sie fair produziert wurde.

Die positiven Eigenschaften von Wolle

…oder weshalb wir Wolle lieben:

  • Wolle ist warm. Ein dicker Wollpulli oder ein schönes Strickkleid hält sie wohlig warm im kalten Winter.
  • Wolle ist atmungsaktiv. Auch wenn sie sehr warm hält, ist sie ebenso luftdurchlässig.
  • Wolle ist wunderschön und je nach Art wunderbar weich und kuschelig.
  • Wolle ist hygienisch, da sie kaum Schmutz aufnimmt.Die Schuppen an der Faseroberfläche stoßen Schmutz regelrecht ab. Wollkleidung muss demnach nur selten gewaschen werden. Bei 100% Wolle reicht gutes Auslüften eigentlich aus.
  • Wolle ist daher auch geruchsarm.
  • Wolle ist elastisch.Die Wollfaser besitzt eine hohe Spannkraft. Diese Eigenschaft führt wiederum dazu, dass Wollprodukte praktisch knitterfrei sind.
  • Wolle ist allerdings trocken stärker, als nass. 
  • Wolle brennt nicht. 
  • Wolle ist ein einzigartiger, nachwachsender und biologisch abbaubarer Rohstoff. Im Gegensatz zu Kunstfasern, wie Polyester, gibt Wolle beim Waschen keine winzigen Plastikpartikel ins Meer ab. Wolle ist somit nachhaltig und umweltfreundlich. (vorausgesetzt die Tiere dafür werden artgerecht gehalten und geschoren!)

Wohlig warme Winter- Wolltrends 2022

Ihr seht schon: In diesem Jahr kommt keine Fashionista drum herum: Wollpullover und Strickkleider sind ein eindeutiges Must-have in dieser Winter- und Herbst-Saison. Dieser Wolltrend ist nicht nur super schick. Er hält uns jetzt auch an den kalten Tagen warm und gibt uns ein kleines bisschen Wohlgefühl und Nostalgie.

Strick von Kopf bis Fuß 

Klassisch elegant im beigen Allover Look bringt Wolle in diesem Herbst/ Winter den beliebtesten Trend. Individuell nachzustylen mit beigefarbenen Wollpullover und langem Strickrock (Knitskirts) – am liebsten in MIDI-Länge. Dazu wollige Accessoires wie Handschuhe, Schal oder Mütze.  Stilsicher dazu sind dezenter Goldschmuck und Ankle Boots.  Darf es etwas gewagter und aufregender sein, dann eignen sich Stiefel im Animal Print dazu.

Strickpulli Trend 

Zum Wolltrend 2022 gehören auf jeden Fall Strickpullover mit chunky turtle neck (Rollkragen). Da Rollkragen nah am Hals anliegen, ist hierbei besonders auf die Qualität des Wollpullovers zu achten. Ein kratzender Rollkragen kann einem den ganzen Tag vermiesen.

Neben gedeckten Farben, wie Beige, Wollweiß oder Braun, dürfen Strickpullover nun auch mit super knalligen Farben daherkommen. Ein Wollpullover in knalligem Grün wird dann am coolsten, je größer die Maschen sind.

Feinstrick ist zeitlos schön, Grobstrick ist cool und mega trendy!

Stricktrend 2022

Die Liebe zur Wolle geht bei einigen noch viel weiter als nur ein paar hippe Woll-Pieces im Schrank zu haben. Heute beliebter denn je: Stricken zuhause, im Plenarsaal, in Cafés oder in speziellen Strick Communities.

„Wo Wolle ist, ist auch ein Weib, das webt, und sei es nur zum Zeitvertreib“, 

stellte der Bauhaus-Künstler Oskar Schlemmer schon vor 100 Jahren fest, beim Anblick strickender Bauhaus-Studentinnen.

Nach einem Jahrhundert hat sich zum Glück einiges geändert. Auch Männer hängen vermehrt an den Nadeln, sind strickbegeistert und treffen sich regelmäßig mit Gleichgesinnten. 

In der Vergangenheit waren es übrigens eher die Männer, die webten und strickten. Frauen waren eher fürs  Garn-Spinnen zuständig.

Wo kann man(n) Stricken lernen?

Lernen zu stricken können wir heutzutage überall – Wollläden oder Volkshochschulen bieten Kurse an, es gibt zig Tutorials auf Youtube, Tik Tok und Co., und auch in diversen Fachzeitschriften findet man trendige Strickanleitungen.

Stricken zu lernen ist auch gar nicht so schwer. Einzig allein Geduld, Feingefühl und aufmerksames Maschenzählen werden benötigt. Ich habe mir sagen lassen, dass es irgendwann von ganz allein geht. Leider hatte ich nie so viel Durchhaltevermögen, um meine angefangenen Strickprojekte durchzuziehen. Eigentlich bin ich auch eher der Häkeltyp – wie gut, dass auch Häkel-Mode Trend in diesem Jahr ist.

Die exzessive Liebe zur Wolle

Bei manchen geht die Liebe zur Wolle auch etwas weiter. Falls ihr es noch nicht wisst: Es gibt Menschen, die sogar einen Woll-Fetisch haben. Dieser Woll-Lust frönen vor allem Männer. Diese sogenannten Wollies lieben das (kratzige) Gefühl auf der Haut und lassen sich gern von Kopf bis Fuß einstricken. Sexuelle Erregung ist dabei eher subtil. Vielmehr ist es das warme und wohlige Gefühl, von Wolle komplett umgeben zu sein. Dies löst in ihnen Geborgenheit aus.

Streetart als Strickart

Woll-lüstige Menschen leben ihre Vorliebe zur Wolle auch immer häufiger beim Yarn-bombing aus. Dies ist eine Art Woll-Graffiti, mit dem Denkmäler, Laternen, Skulpturen und anderes verziert werden. Eine schöne Idee, denn die Städte werden dadurch bunter, ohne dem Objekt zu schaden. Frei nach dem Motto:

Ein Leben ohne Wolle ist möglich, aber sinnlos.  

 

FAZIT: Wolle ist Glück und Behaglichkeit vor allem im Winter. Nichts gibt ein schöneres Gefühl, als sich in weiche Wolle zu hüllen, wenn es draußen schneit und stürmt. Ein noch viel schöneres Gefühl gibt uns Wolle aber, wenn sie achtsam und nachhaltig gewonnen wird. Erst dann, so finde ich, können wir Wolle uneingeschränkt lieben. Bei aller Behaglichkeit und Wärme für uns, sollten wir das Wohl der Tiere nicht außer Acht lassen. Ich werde beim nächsten Wollkauf definitiv darauf achten.

 

Was ist euer Lieblings-Woll-Teil? Oder verzichtet Ihr auf diesen Trend gänzlich. Lasst es mich wissen und schreibt es mir in die Kommentare.

 

Eure wo(h)llige Monika

2 Kommentare

  1. Liebe Monika,

    vielen Dank für Deinen tollen, sehr informativen Blog über die verschiedenen Wollarten. Es ist erschreckend wie die Tiere behandelt werden. Da ich sehr empfindlich auf Wolle reagiere trage ich bisher Pullover aus Baumwolle..
    Im letzten Jahr habe ich dann einen Schal aus Alpakawolle geschenkt bekommen der mich nicht kratzt

    Liebe Grüße
    Michaela

    • Liebe Michaela,

      ich freue mich sehr, dass dir mein Beitrag gefallen hat. Es ist sehr schade, dass du nicht jede Wolle auf der Haut verträgst. Vielleicht ist ja Alpaka eine Alternative für dich.

      Liebe Grüße
      Monika

Schreibe einen Kommentar

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein